Review

Tin Hearts · Test

Veröffentlicht am 17.05.2023 von Tobias Creter

Titelbild von Tin Hearts (PC, PS4, PS5, Switch, Xbox One, Xbox Series)

Die lange Reise der Zinnsoldaten

Das neue Puzzle Spiel Tin Hearts vom Entwicklerstudio Rogue Sun erinnert stark an Lemmings. Aber dieses Mal marschieren kleine Spielzeugsoldaten statt winzige Nagetiere durch die Levels und müssen zum Ausgang geleitet werden. Ein weiterer gravierender Unterschied ist, dass man diesmal in 3D spielt und nicht auf einer flachen zweidimensionalen Ebene, wie bei den meisten Lemmings Spielen. Es gab vor 15 Jahren zwar auch bereits ein Lemmings in 3D, was dem Spielprinzip von Tin Hearts schon recht nahe kommt aber wesentlich bekannter dürften die 2D Versionen sein.

Ich habe Lemmings schon seit dem C64 immer gerne gespielt und mich daher sehr über die Möglichkeit gefreut Tin Hearts für euch unter die Lupe zu nehmen. In diesem Test zu Tin Hearts erfahrt ihr, was die ehemaligen Fable Macher dieses Mal produziert haben und für wen sich der Kauf lohnt.

Tin Hearts ist bereits für Nintendo Switch, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series X|S und PC erschienen. Im Sommer soll dann per kostenlosem Update noch die VR-Version für PSVR2, PC VR and Meta Quest 2 folgen. Letzteres könnte durchaus nochmal eine interessante Bereicherung für das Spiel sein, weil man sich dann in VR wirklich mittendrin fühlt.

Screenshot von Tin Hearts

Im Gleichschritt – Marsch!

Bei Tin Hearts geht es nicht nur um die kleinen Zinnsoldaten, die im Gleichschritt hintereinander her marschieren. Die über 40 Levels, aufgeteilt in den Prolog und 4 Akte, sind allesamt Räume im Haus des überaus erfolgreichen Spielzeugherstellers Albert J. Butterworth. In diesem Haus lebte er im viktorianischen Zeitalter mit seiner Frau Helen und seiner Tochter Rose. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines unsichtbaren Geistes und aus dieser Perspektive bekommt man während der Reise durch sämtliche Räume in kleinen Rückblicken fetzenweise die Geschichte erzählt. Zur emotionalen Story verrate ich euch aus Spoilergründen natürlich wie immer nichts, denn ihr sollt sie ja noch selbst erleben können.

Screenshot von Tin Hearts

Gameplay & Steuerung

Das grundsätzliche Spielprinzip ist einfach: Man muss den Spielzeugsoldaten dabei helfen von der Kiste bis zum Ausgang zu gelangen. Dabei bewegt man sich selbst in First Person Ansicht frei im dreidimensionalen Raum und kann verschiedene Objekte beeinflussen. Die Rätsel und Gameplay Elemente werden nach und nach immer komplexer. Man schaltet beim Spielen der Levels neue Fähigkeiten frei, die dann in höheren Levels zwingend benötigt werden. Die Progression ist dabei recht angenehm, am Anfang hätte es für meinen Geschmack vielleicht etwas schneller gehen können, bis die Rätsel schwieriger werden aber insgesamt ist der Schwierigkeitsgrad gut gewählt.

Neben simplen dreieckigen Holzklötzen zum Umlenken der Laufrichtung kommen beispielsweise noch kleine Kanonen, Luftballons und Trampolintrommeln hinzu. Außerdem kann man die Zeit anhalten, sowie vor- und zurückspulen, was überaus hilfreich ist. Wenn man die Zeit stoppt, sieht man sogar eine Spur, die zeigt, wie sich die Soldaten fortbewegen werden. So kann man sehr schön die Wege freiräumen bzw. vorbereiten. Trotzdem ist das keinesfalls ein Kinderspiel. In den höheren Levels werden nicht nur die Rätsel schwieriger, es kommen auch Gefahren, wie Spinnen auf die kleinen Soldaten zu. Man muss schon das Hirn einschalten, um auf die Lösung zu kommen – insbesondere in den späteren Levels. Wenn man mal garnicht weiterkommt, kann man sich aber vom Spiel Hinweise zur Lösung geben lassen.

Die Steuerung von Tin Hearts ist relativ intuitiv und logisch. Manchmal ist es etwas schwierig die Objekte an die richtige Stelle zu legen aber das ist eben der Preis dafür, dass man so viele Freiheiten hat, wie und wo man Objekte platzieren kann. Eine Art unsichtbares Raster hätte hier sicher etwas geholfen.

Ich hätte mir noch eine Möglichkeit gewünscht, um Start, Ziel und Objekte optisch hervorzuheben, denn bis man sich erstmal einen Überblick über den gesamten Raum verschafft hat, dauert es oft etwas. Und dabei übersieht man auch schnell mal ein wichtiges Puzzleteil und kommt dadurch erstmal nicht weiter.

Screenshot von Tin Hearts

Grafik & Sound

Der Grafikstil von Tin Hearts ist insgesamt sehr schön, wenn auch – grade bei den Details – noch deutlich Luft nach oben ist. Sehr schick sieht das Spiel insbesondere dann aus, wenn man mit der Kamera in einen Zinnsoldaten rein wechselt und das Geschehen dann aus seiner Perspektive betrachtet. Nur die Kamera ist oft nicht optimal einstellbar, um genau das sehen zu können, was man grade zur Lösung eines Rätsels benötigt. Es wäre auch schön gewesen, wenn man den Zoom stufenlos einstellen könnte. Man kann auf Knopfdruck zwar jederzeit reinzommen aber immer nur einen fest definierten Wert und beim Loslassen wird automatisch wieder rausgezoomt. Die Levels sind zwar optisch relativ ähnlich aber langweilig wird es trotzdem nie. Grafikfehler sind mir beim Test nicht aufgefallen aber die Framerate könnte gerne etwas höher und stabiler sein.

Tin Hearts hat einen sehr angenehmen, meditativen Soundtrack - was perfekt zum entspannten Gameplay passt. Kein Wunder, denn hier wurden weder Kosten noch Mühen gescheut und der preisgekrönten Komponist Matthew Chastney mit ins Boot geholt, der unter anderem für „Venom“, „Joker“, „Chernobyl“ und „Bridgerton“ verantwortlich ist. Der wundervolle Soundtrack begleitet die Zinnsoldaten auf ihrer Reise vom ersten bis zum letzten Level und wenn es spannend oder dramatisch wird, merkt man das auch an der Musik. Untermalt wird das Geschehen zusätzlich von stimmigen Soundeffekten. Die Lautstärke ist für Musik, Effekte und Sprache getrennt regelbar. Die englische Sprachausgabe ist gut, leider gibt es keine deutsche Synchro, dafür aber wenigstens Untertitel.

Screenshot von Tin Hearts

Fazit

Insgesamt hat mir Tin Hearts im Test auf der PlayStation 5 richtig gut gefallen. Grafisch wäre sicher mehr machbar gewesen aber für ein Indie Puzzle Spiel geht das noch in Ordnung. Dafür entschädigt der großartige Soundtrack von Matthew Chastney der wunderbar zum entschleunigten Gameplay passt. Zudem gibt es eine emotionale Story, die über die eingestreuten Rückblicke auch gut erzählt wird. Gebraucht hätte ich die zwar bei dem Genre nicht zwingend aber sie rundet das Spielerlebnis angenehm ab.

Auch beim wichtigsten Punkt für ein Puzzle Game weiß Tin Hearts zu überzeugen. Die Rätsel sind durchweg gut und der Schwierigkeitsgrad steigt angenehm an. Dadurch, dass man jederzeit pausieren und zurückspulen kann, wird Frust ohnehin minimiert und man kann auch mal etwas ausprobieren, ohne im dümmsten Fall ganz von Vorne beginnen zu müssen. Die Steuerung und Kamera sind manchmal nicht ganz optimal aber da man keinerlei Zeitdruck hat, kann man das ja in aller Ruhe justieren.

Zusammenfassend würde ich sagen: Tin Hearts ist einfach ein wundervoll entspannendes Spiel nach einem stressigen Arbeitstag. Es hat vielleicht nicht den gleichen hohen Knuddelfaktor wie Lemmings aber ist auf seine eigene Art und Weise etwas Besonderes.

Der Preis ist angemessen für die Länge des Spiels von ca. 10-12 Stunden, insbesondere dann wenn man später noch den VR-Modus als kostenloses Sahnehäubchen bekommt. Es ist etwas schade, dass dieser nicht zu Release mit ins Spiel geschafft hat, denn dann hätte ich vermutlich einen großen Teil des Spiel darin verbracht. Wer Lemmings und ähnliche Spiele möchte, der kann ganz bestimmt auch mit Tin Hearts etwas anfangen. Das eher ruhige, fast schon meditative Spielprinzip ist aber sicher nicht jedermanns Sache. Wer eine Xbox hat, der kann vorab die kostenlose Demo antesten.

Pro

  • unerwartet emotionale Story
  • angenehm ansteigender Schwierigkeitsgrad
  • gute Rätsel und solider Umfang
  • stimmungsvoller Soundtrack

Contra

  • Steuerung und Kamera nicht immer optimal
  • kleinere Ruckler und Framerateeinbrüche
  • grafisch durchaus noch Luft nach oben

Wertung

Testergebnis: 80%

8.0 Gut

Kaufempfehlung

65% Kaufempfehlung

65%Angebot abwarten

Getestet wurde Tin Hearts auf PS5 von Tobias Creter. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version 1.000.001 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für Tin Hearts wurde uns von Marchsreiter Communications kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!